"Die Demokratie in Deutschland gewinnt durch die Diskussion um den Koalitionsvertrag eine neue Qualität": Das war - entgegen der Meinung einer prominenten deutschen Fernsehmoderatorin - vielleicht die wesentliche Erkenntnis, die die Mitglieder des SPD-Ortsvereins Burgthann aus ihrem Öffentlichen Frühschoppen am vergangenen Sonntag zogen.
Und die Anwesenden waren am Ende der Diskussion einhellig der Meinung, dass eine derart fruchtbare Diskussion im Ortsverein bisher selten stattgefunden hat. Das Nebenzimmer der Bahnhofsgaststätte in Burgthann war gut gefüllt, auch das ein Zeichen, dass das Mitgliedervotum auf ein breites Interesses stößt.
Dabei wurde auch schnell klar, dass die Zustimmung zum Koalitionsvertrag den Wenigsten richtig leicht fiel. So sagte zum Beispiel Bürgermeisterkandidat Wolfgang Lahm, dass er, obwohl er als Delegierter beim Bundesparteitag in Leipzig von Anfang an die Diskussion sozusagen hautnah mit erlebte, direkt nach dem Ende der Verhandlungen dazu neigte, den Koalitionsvertrag abzulehnen. Die weitere Diskussion in den letzten Tagen und vor allem die Regionalkonferenz in Nürnberg, bei der Sigmar Gabriel den Vertrag verteidigte, brachte bei Etlichen ein Umdenken.
Deutlich wurde, dass die Meisten die Handschrift der Sozialdemokraten im Koalitionsvertrag sehr wohl anerkannten. Bei vielen sitzt aber die Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl 2009 noch tief, bei der nur die Kanzlerin Honig aus den Erfolgen der Koalition sog, z. B. bei der Bekämpfung der Wirtschaftskrise.
Besonders die gewerkschaftlich orientierten Mitglieder äußerten ihre Angst, dass zwar mit dem Mindestlohn und bei der Rente sozialdemokratische Positionen vereinbart wurden, die auch direkte positive Auswirkungen auf die Betroffenen haben werden, bei der konkreten Umsetzung jedoch die Gefahr gesehen wird, dass im politischen Prozess diese Positionen verwässert werden können.
Einige Redner machten jedoch auch klar, dass in einer Koalition nie alle Forderungen durchzusetzen seien. Insofern sei das Erreichte schon optimal. Eine Ablehnung des Koalitionsvertrag durch die Mitglieder würde dagegen zu einer langfristigen Lähmung der Sozialdemokratie in Deutschland führen. Am Ende der Veranstaltung wurde zwar nicht über das Verhalten beim Mitgliedervotum abgestimmt, deutlich wurde aber, dass sich Zustimmung und Ablehnung bei den anwesenden Mitgliedern in etwa die Waage hielt.